Feuchtigkeit
Auszüge des Handbüchleins "Elektrische und wärmetechnische Messungen" der Firma Hartmann & Braun AG Frankfurt/Main, 2. Auflage, 1941 (H&B Druckschrift 481a / 20.000 / 6.41). Entsprechend UrhG §66 ist die Schutzfrist inzwischen abgelaufen (Stand von 2012), der Inhalt ist daher gemeinfrei. Das gescannte Büchlein findet sich im Abschnitt Schrifttum als PDF Datei.
Der Wassergehalt der Luft in Prozenten der möglichen Höchstmenge wird als rel. Feuchtigkeit bezeichnet. Die Höchstmenge von Wasser, die von der Luft aufgenommen werden kann, ist in starkem Maße von der Temperatur abhängig. Sie ist bei höherer Lufttemperatur größer als bei niedriger. Wird also eine Luftmenge, die z. B. zu 80% mit Wasser gesättigt ist (rel. Feuchtigkeit 80%), allmählich abgekühlt, so wird bei einer bestimmten Temperatur der Sättigungspunkt oder Taupunkt erreicht (100% rel. Feuchtigkeit). Bei weiterer Abkühlung schlägt sich die ursprünglich als Wasserdampf vorhandene Feuchtigkeit in Form von Wasser (Tau) nieder.
Zur Messung der rel. Feuchtigkeit werden bei Temperaturen über 1° C neben den bekannten Haar-Hygrometern hauptsächlich Meßeinrichtungen verwendet, die nach psychrometrischen Verfahren arbeiten. Die zu messende Luft streicht an zwei Thermometern vorbei, von denen das eine mit einem feuchten Saugstrumpf überzogen ist. An diesem bewirkt die Luft je nach ihrem eigenen Feuchtigkeitsgehalt eine mehr oder minder große Verdunstungskälte. Zwischen den beiden Thermometern entsteht eine Temperaturdifferenz, die sog. psy- chrometrische Differenz. Die absolute Größe der psychrometrischen Differenz, die einem bestimmten Feuchtigkeitswert entspricht, ist in starkem Maße von der Raumtemperatur abhängig. Sie ist z. B. für 70% rel. Feuchtigkeit bei 30° C 4,5° C, während sie bei 20° C nur noch 3,5° C beträgt. Die entstehende Verdunstungskälte ist am größten, wenn in der Luft gar kein Wasser enthalten ist (rel. Feuchtigkeit ist = 0%) und am kleinsten, wenn die Luft mit Wasser gesättigt ist, wenn also nichts mehr verdunsten kann (rel. Feuchtigkeit = 100%).
Die psychrometrische Differenz wird mit Sicherheit erreicht, wenn die Geschwindigkeit der vorbeistreichenden Luft größer ist als 2,5 m/s. In Räumen ohne Luftströmung muß deshalb die zu messende Luft künstlich an den beiden Thermometern vorbeigesaugt werden.
Die elektrischen Fern-Feuchtigkeitsmesser beruhen auf dem psychrometrischen Verfahren. An Stelle der Thermometer werden elektrische Fühlorgane verwendet; zur Anzeige dienen ebenfalls elektrische Meßgeräte. Es kommen hauptsächlich zwei Meßverfahren in Frage:
1. Feuchtigkeitsmessung bei konstanter Temperatur
Ist die Raumtemperatur konstant, oder schwankt sie nur in engen Grenzen, so ist die psychrometrische Differenz ohne weiteres verhältnisgleich der rel. Feuchtigkeit. Für die elektrische Ermittlung der psychrometrisehen Differenz wird eine Thermo-Batterie benutzt, deren eine Lötstellenreihe der Raumtemperatur ausgesetzt ist, während die mit einem Strumpf überzogene die „feuchte Temperatur“ erfaßt. Die infolge der Temperaturdifferenz entstehende Thermospannung zwischen den beiden Lötstellenreihen wird mit einem hinreichend empfindlichen Drehspulgerät gemessen, das in Prozent rel. Feuchtigkeit geeicht ist.
2. Feuchtigkeitsmessung bei schwankender Temperatur
Da die psychrometrische Differenz mit zunehmender Raumtemperatur für ein und dieselbe rel. Feuchtigkeit größer wird, wird ihr Einfluß durch eine Spezialschaltung berichtigt. Als Fühlorgan werden zwei Widerstands - Thermometer verwendet, von denen das eine mit einem feuchten Strumpf überzogen ist. Die psychrometrische Differenz ruft eine Widerstandsdifferenz hervor, die sich in der Brückenschaltung auf ein Spezial-Kreuzspul- gerät auswirkt, das unmittelbar in Prozent rel. Feuchtigkeit geeicht wird. Die Unabhängigkeit von der Raumtemperatur ist infolge des unregelmäßigen Verlaufes der Psychrometerkurve an gewisse Grenzen gebunden. Als normale Temperatur-Gültigkeitsbereiche werden 1 ... 20°C oder 10 ... -40°C oder 30 ... 90°C angegeben. Als Stromquelle werden 4 ... 6 V benötigt, der Stromverbrauch beträgt etwa 120 mA.
Feuchtigkeitsmessung bei tiefer Raumtemperatur
Im allgemeinen sind die Messungen nach dem psychrometrischen Verfahren auf den Temperaturbereich zwischen + 1 und + 90°C beschränkt. Eine Messung bis zu einigen Graden unter Null ist möglich, wenn dem Wasser, in das der Saugstrumpf taucht, Zusätze beigemischt werden, die den Gefrierpunkt um einige Grade herabsetzen. Für die Feuchtigkeitsmessung unter 4° C kommen nur noch Haar-Hygrometer in Frage, die gegebenenfalls mit einem Elektro-Fernsender (siehe Fernübertragung von Meßwerten) ausgerüstet werden können, wenn der Meßwert entfernt vom Gerät abgelesen werden soll.