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Strom

Auszüge des Handbüchleins "Elektrische und wärmetechnische Messungen" der Firma Hartmann & Braun AG Frankfurt/Main, 2. Auflage, 1941 (H&B Druckschrift 481a / 20.000 / 6.41). Entsprechend UrhG §66 ist die Schutzfrist inzwischen abgelaufen (Stand von 2012), der Inhalt ist daher gemeinfrei. Das gescannte Büchlein findet sich im Abschnitt Schrifttum als PDF Datei.

Einheit: Ampere(A).
10^-3A = 1 mA(Milliampere);
10^-6A = 1 µA (Mikroampere).

Die Strommessung erfolgt heute überwiegend durch das Weicheisen- (Dreheisen-) und Drehspulgerät. Die bisher daneben verwendeten Ferraris-, Hitzdraht- und elektrodynamischen Strommesser werden immer mehr durch das Dreheisengerät verdrängt.

Das Dreheisengerät

Das Dreheisengerät ist als Betriebs- und Feinmeßgerät für Gleich- und Wechselstrom technischer Frequenz verwendbar.

Das Dreheisen-Meßwerk

In einer Ringspule befinden sich zwei Eisenkerne, wovon der eine an der Spule, der andere an der Zeigerachse befestigt ist. Diese werden von dem durch die Spule fließenden Strom gleichnamig magnetisiert und stoßen sich gegenseitig ab. Als Gegenkraft dient die Spannung einer Spiralfeder.
Die durch die Remanenz des Eisens entstehenden Meßfehler werden durch Wahl besonderer Eisenlegierungen vernachlässigbar klein gehalten, so daß bei Frequenzen bis 100 Hz nur eine Teilung für Gleich- und Wechselstrom nötig ist. In der jüngsten Zeit ist es sogar gelungen, Dreheisen - Feinmeßgeräte höchster Genauigkeit (Fehlergrenze + 0,2%) zu entwickeln.
Der besondere Vorteil der Dreheisengeräte liegt darin, daß sie für Gleich- und Wechselstrom gleicherweise verwendbar und im Vergleich zu anderen Meßgeräten hoch überlastbar sind. Die sog. „überstromsicheren“ Dreheisen- Strommesser (Geräte mit besonders geformten Eisenkernen)lassen eine 50fache Überlastung eine Sekunde lang ohne Schaden zu (kleinere Überlastungen entsprechend länger).
Der Eigenverbrauch ist jedoch wesentlich höher als beim Dreh- spulgerät, da sich das Dreheisengerät sein Feld selbst erzeugen muß (etwa zwischen 0,7 und 3 VA).Der kleinste ausgeführte Meßbereich beträgt etwa 0 ... 0,2 A, der größte (bei genügend großem Gehäuse) etwa 0 ... 400 A. Bei Wechselstrom können größere Meßbereiche durch Verwendung von Strom Wandlern erzielt werden (Sekundärstrom meistens 5 A).

In Verbindung mit tragbaren Geräten sind zur Erzielung von mehreren Meßbereichen die Präzisions-Vielfach-Stromwandler besonders zweckmäßig.
Stromwandler dürfen, solange durch die primäre Wicklung Strom fließt, niemals auf der Sekundärseite geöffnet werden, da an den offenen Sekundärklemmen lebensgefährliche Spannungen entstehen können. Sekundärseite niemals sichern!
Für schnelle Betriebsmessungen in Wechselstrom wurde ein Einleiter-Stromwandler in Zangenform, der sog. „Dietze-Anleger“ entwickelt. Als Eisenkern dienen zwei Backen, die durch Isoliergriffe zangenartig geöffnet, über den Leiter geschoben und dann wieder geschlossen werden. Der umklammerte Leiter dient jetzt als eine Primärwicklung; als Sekundärwicklung dient die Spule des Anlegers, an die der Strommesser (Dreheisengerät oder das weiter unten beschriebene Drehspulgerät mit Trockengleichrichter) angeschlossen wird. Dietze-Anleger werden für Ströme zwischen etwa 5 und 1000 A gebaut; sie können bei entsprechender Länge der Isolier-Handgriffe auch in Hochspannungs- Anlagen bis etwa 20 000 V verwendet werden.

Das Drehspulgerät

Das Drehspulgerät ist ein ausgesprochenes Gleichstromgerät. Durch zusätzliche Verwendung von Gleichrichter-Einrichtungen wird es auch für Wechselstrom fast aller vor kommender Frequenzen verwendbar.

Das Drehspul-Meßwerk

Im homogenen Feld eines Dauermagneten ist eine Spule drehbar gelagert. Wird durch diese Strom geschickt, so entsteht ein der Stromstärke verhältnisgleiches Drehmoment. Die Drehspule und der daran befestigte Zeiger drehen sich soweit, bis die Gegenkraft der Spiralfedern dem Drehmoment der Spule das Gleichgewicht halten. Das Drehspul-Meßwerk hat von allen elektr. Meßsystemen die höchste Genauigkeit. Der Eigenverbrauch ist (bei den mittleren und besonders bei den kleinen Meßbereichen) sehr gering. Die ausführbaren Meßbereiche liegen zwischen Bruchteilen eines Mikroamperes und den größten vorkommenden Stromstärken.

Die Erweiterung der Meßbereiche erfolgt durch Nebenwiderstände, die auf einen bestimmten Spannungsabfall abgeglichen werden, so daß das gleiche Gerät mit beliebig vielen Nebenwiderständen verwendet werden kann. Die Verbindungsleitungen zwischen Nebenwiderstand und Meßgerät sind auf einen bestimmten Widerstand abgeglichen. Es dürfen also nur die mitgelieferten Nebenschlußschnüre verwendet werden oder als Ersatz solche mit genau gleichem Widerstand, da sonst Meßfehler entstehen. — Beispiel: Ein Drehspul- Strommesser zum Anschluß an einen beliebigen Nebenwider stad von 60 mV Spannungsabfall habe einen Stromverbrauch von 20 mA. Der Gesamtwiderstand des Meßweiks (einschl. der Nebenschlußleitungen) beträgt also 3 Ohm. Als Meßleitung werde 1 m Kupferlitze von 1 mm2 und 0,035 Ohm Widerstand mitgeliefert. Wird nun eine Meßleitung von 4 m benötigt, so ist ein Kupferquerschnitt von 4 mm2 zu verwenden, damit der Widerstand der gleiche bleibt. Würde versehentlich 4 m Litze von 1 mm2 Querschnitt verwendet, so würde sich der Gesamtwiderstand des Meßwerks um 3 x 0,035 = 0,15 Ohm, also um 3,5% erhöhen und der Strommesser um 3,5% zu wenig anzeigen. — Bei großen Stromstärken sind tunlichst längere Nebenschlußschnüre zu nehmen, damit das Drehspulgerät nicht durch das magnetische Feld der Hauptleitung beeinflußt wird. Der Aufstellungsort des Gerätes ist stets so zu wählen, daß fremde Felder die Messung nicht fälschen können.

Drehspul-Galvanometer

Als solche werden Drehspulgeräte hoher und höchster Empfindlichkeit bezeichnet, die entweder für sich oder als Bestandteil einer Meßeinrichtung (Meßbrücke, Kompensator usw.) nur zum Nachweis kleiner Ströme (und Spannungen) dienen. Die Geräte sind meistens nicht geeicht; die Eichung wird bei Bedarf vom Messenden vorgenommen.
Nach der Art der Ablesung und der Anordnung des beweglichen Systems werden hauptsächlich Zeiger- und Spiegelgalvanometer unterschieden. Bei den letzteren tritt an die Stelle des Zeigers ein kleiner, sehr leichter Spiegel; die Ablesung der Stellung der Drehspule erfolgt mit Hilfe einer getrennt vom Gerät aufzustellenden Skala und eines mit Hilfe einer Projektionslampe erzeugten Lichtzeigers, seltener durch ein Fernrohr mit Strichmarke. Die Spiegelgalvanometer sind wesentlich empfindlicher als Zeigergalvanometer, da der Spiegel erheblich leichter ist als der Zeiger und der gewichtlose Lichtzeiger beliebig lang gemacht werden kann. Größenordnungsmäßig lassen sich mit den empfindlichsten Zeigergalvanometern Ströme von etwa 10^-8 A, mit den empfindlichsten Spiegelgalvanometern Ströme von 10^-12 A nachweisen.
Bei den sog. „Lichtmarken-Galvanometern“ sind Skala, Optik und Lampe zu einem einzigen Gerät zusammengebaut. Die Drehspule ist meistens oben und unten an einem gespannten, gefederten Metallband aufgehängt, dessen Torsion gleichzeitig als Rückstellkraft dient. Das Gerät vereinigt also die Vorteile der Zeiger- und Spiegel-Galvanometer. Ballistische Galvanometer dienen zur Messung von Strom- und Spannungsstößen (z. B. beim Entladen von Kondensatoren, vgl. Kapazität) und haben deshalb größeres Trägheitsmoment.

Drehspulgeräte für Wechselstrom

Aus dem zu messenden Wechselstrom wird durch einen Trockengleichrichter oder Thermoumformer Gleichstrom erzeugt, der vom Drehspulgerät gemessen wird. Die Meßgenauigkeit ist dementsprechend geringer als bei reinen Gleichstrom-Drehspulgeräten; sie vermindert sich mit größer werdender Frequenz.

Drehspulgeräte mit Trockengleichrichter (Bild 79) sind für Wechselstrom bis etwa 104 Hz geeignet. Sie werden in erster Linie zur Messung kleiner Ströme zwischen etwa 0,1 und 50 mA benutzt; der Meßbereich kann jedoch durch Verwendung von Meßwandlern mit entsprechendem Übersetzungsverhältnis erweitert werden. Nebenwiderstände werden zur Erweiterung des Meßbereiches seltener verwendet, da der Spannungsabfall an der Gleichrichterschaltung (etwa 1 V) und damit der Eigenverbrauch ziemlich hoch ist.
Die Drehspulgeräte mit Trockengleichrichter werden mit sinusförmigem Wechselstrom geeicht. Bei Abweichungen von der Sinusform tritt ein Fehler ein, der jedoch erst bei erheblichen Oberwellen, wie sie heute in Wechselstrom kaum mehr auftreten, die Anzeige nennenswert fälscht.
Trockengleichrichter sind empfindlich gegen Wärme. Die Geräte dürfen deshalb nicht in zu heißen Räumen oder über Heizkörpern angebracht, noch elektrisch überlastet werden.

Drehspulgeräte mit Thermoumformer (Bild 80) sind für Frequenzen bis höchstens 108 Hz (bei größeren Strömen weniger) und für Ströme zwischen etwa 0,1 mA und 500 A verwendbar. Sie können auch für Gleichstrom verwendet werden. Die Anzeige ist von der Kurvenform in weitem Maße unabhängig. Der Thermoumformer setzt sich zusammen aus dem Thermoelement und dem Heizdraht. Der Heizdraht wird von dem zu messenden Wechselstrom durchflossen und dadurch erwärmt. Die Erwärmung teilt sich der Heißlötstelle des Thermoelements mit. Die dadurch entstehende EMK wird mit dem Drehspulgerät gemessen.