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Leistung

Auszüge des Handbüchleins "Elektrische und wärmetechnische Messungen" der Firma Hartmann & Braun AG Frankfurt/Main, 2. Auflage, 1941 (H&B Druckschrift 481a / 20.000 / 6.41). Entsprechend UrhG §66 ist die Schutzfrist inzwischen abgelaufen (Stand von 2012), der Inhalt ist daher gemeinfrei. Das gescannte Büchlein findet sich im Abschnitt Schrifttum als PDF Datei.

Einheit: Watt (W);
1O^3 W = 1 kW (Kilowatt),
1O^6 W = 1 MW (Megawatt).

Ist U die Spannung in V, I der Strom in A und φ der Phasenwinkel zwischen U und I so ist die Leistung Nw:
Bei Gleichstrom:
Nw = U • I (Watt)
bei Wechselstrom:
Nw = U • I • cos φ
bei Drehstrom:
Nw = 3 U I cos φ
(U = verkettete Spannung).

Für die nachstehenden Betrachtungen werden elektrodynamische Meßgeräte (Dynamometer) zugrundegelegt.

Das elektrodynamische Meßwerk

Die bewegliche Spannungsspule mit Zeiger dreht sich bei Stromdurchgang im Feld der Stromspule, bis die Gegenkraft der Spiralfeder dem Drehmoment das Gleichgewicht hält.
Bei Präzisions-Geräten für genaue Messungen wird das eisenlose Meßwerk bevorzugt (Bild 34), das bei Gleich- und Wechselstrom bis zu einigen hundert Hertz und bei allen Kurvenformen richtig zeigt. Das eisenlose Meßwerk in der einfachen Ausführung nach Bild34 ist nicht unabhängig von fremden magnetischen Feldern; daher wird heute allgemein die astatische Ausführung nach Bild 36 bevorzugt. Bei Betriebs-Geräten wird vorwiegend das eisengeschlossene Meßwerk verwendet (Bild 35). Der Eisenschluß bewirkt stärkeres Drehmoment des Zeigers und schützt gegen den Einfluß fremder Felder. Der Eisenfehler wird durch Wahl besonderer Eisensorten so niedrig gehalten, daß er bei technischen Messungen nicht ins Gewicht fällt.

Leistungsmesser mit mehreren Meßwerken

Die beweglichen (Spannungs-) Spulen sitzen auf gemeinsamer Achse, so daß sich ihr Drehmoment addiert.
Verwendung:
a) Beim eisenlosen Meßwerk, um den Fremdfeld-Einfluß auszuschalten (astatisches Meßwerk, Bild 36). Die Spulen werden so in Reihe geschaltet, daß die Fremdfeldfehler des oberen Meßwerks denen des unteren entgegengesetzt sind.
b) Zur Summierung von mehreren Einzel-Leistungen, hauptsächlich bei Drehstrom mit ungleich belasteten Phasen (meistens beim eisengeschlossenen Meßwerk).

Die wichtigsten Fälle der Leistungsmessung

1. Gleichstrom (Bild 37). Die Leistungsmessung hat nur dann Interesse, wenn die Spannung stark schwankt.
2. Wechselstrom (Bild 37).
3. Drehstrom mit gleichbelasteten Phasen u. mit zugänglichem Nullpunkt (Bild 38). Es wird nur die Leistung einer Phase (Strom X Sternspannung) gemessen und der abgelesene Wert mit 3 multipliziert.
4. Drehstrom mit gleichbelasteten Phasen ohne zugänglichen Nullpunkt (Bild 39). Durch drei in Stern geschaltete Widerstände wird ein künstlicher Spannungs- Nullpunkt gebildet und dann wie unter 3. gemessen.

5. Drehstrom mit ungleich belasteten Phasen mit Nulleiter (Bild 40). Die Messung wird auf 3 Wechselstrom-Messungen zurückgeführt, die addiert die Gesamtleistung ergeben. Die drei Meßwerke können in einem einzigen Gerät so angeordnet sein, daß sich ihre Drehmomente mechanisch addieren.

6. Drehstrom mit ungleich belasteten Phasen ohne Nulleiter (Bild 41). Die Messung erfolgt nach der Zwei-Leistungsmesser-Methode, bei der die Anzeigen der beiden Leistungsmesser zu addieren sind. Die zwei Meßwerke können in einem Gerät so angeordnet sein, daß sich die zwei Leistungen mechanisch addieren.

Bei Phasenverschiebung über 60° zeigt bei Schaltung nach Bild 41 (bei Verwendung von zwei Geräten) einer der beiden Leistungsmesser einen negativen Ausschlag. Durch Vertauschen der Spannungsanschlüsse wird dieser positiv und ist dann vom Ausschlag des anderen Gerätes zu subtrahieren. — Bei Messungen an Netzen mit Erdschluß verliert die Zwei-Leistungsmesser-Methode an Genauigkeit. Bei genauen Messungen ist deshalb in Zweifelsfällen die Messung mit drei Leistungsmessern nach Bild 10 vorzunehmen; die dort am Nulleiter angeschlossenen Spannungsleitungen werden hier zu einem künstlichen Nullpunkt zusammengeschlossen. Dabei ist Voraussetzung, daß die Widerstände der 3 Spannungspfade gleich groß und für die Sternspannung bemessen sind.

Leistungsmessung bei großen Strömen und Spannungen

Bei Gleichstrom erfolgt die Erhöhung des Strommeßbereiches durch Nebenwiderstände, des Spannungsmeßbereiches durch Vorwiderstände (Bild 42).
Bei Wechsel- und Drehstrom kommen für größere Ströme Stromwandler und für höhere Spannungen getrennte Vorwiderstände oder Spannungswandler in Frage. Hochspannungsmessungen in Wechsel- und Drehstrom sind nach Möglichkeit nur unter Verwendung von Strom- und Spannungswandlern vorzunehmen, damit die Hochspannung vom Messenden und vom Meßgerät ferngehalten wird.

Die nebenstehenden Schaltbilder zeigen Hochspannungsmessung in Wechselstrom (Bild 43), in Drehstrom mit gleichbelasteten Phasen ohne Nulleiter (Bild 44), und in Drehstrom mit ungleich belasteten Phasen ohne Nulleiter (Bild 45).

Bei Drehstrom mit gleichbelasteten Phasen kann durch Schaffung einer Kunstphase im Meßgerät ein Wandler eingespart werden. Die Messung ist dann jedoch nur bei einer bestimmten Frequenz richtig (Bild 46).

Bei Verwendung von Strom- und Spannungswandlern werden beide Sekundärspulen auf Erd-Potential gebracht (s. Schaltbilder). Unterlassung der Erdung kann unzulässig hohe Spannungen zwischen den beiden Spulen und damit Beschädigung des Meßwerks zur Folge haben. Werden nur Strom- und keine Spannungswandler benutzt, so ist bei der Anbringung von etwaigen Erd- und Ausgleichverbindungen zur Vermeidung von Kurzschlüssen und Überschlägen Vorsicht geboten.
Stromwandler dürfen, solange durch die Primärwicklung Strom fließt, auf der Sekundärseite niemals geöffnet werden, da an den geöffneten Sekundär klemmen lebensgefährliche Spannungen entstehen können. Aus dem gleichen Grunde dürfen sie auf der Sekundärseite niemals gesichert werden. Bei Verwendung von Strom- und Spannungswandlern ist weiter zu beachten, daß die Leistung des Wandlers mindestens ebenso groß ist wie der Eigenverbrauch des Meßgerätes, besonders wenn außer dem Leistungsmesser noch andere Meßgeräte z. B. Strommesser, Zähler usw. angeschlossen sind. Auch der Verbrauch in den Verbindungsleitungen ist bei Stromwandlern gegebenenfalls zu berücksichtigen. Ist die Leistung des Meßwandlers zu klein, so verringert sich vor allem die Meßgenauigkeit.
Bei Verwendung von Meßwandlern ist bei der Auswertung der Messung der Zeigerausschlag mit dem Übersetzungsverhältnis der Meßwandler zu multiplizieren, falls das noch nicht bei der Eichung berücksichtigt ist.
Beispiel: Ein Leistungsmesser für 5 A und 150 V, Skala 0...750 W, wird an Stromwandler 100/5 A und Spannungswandler 6000/100 V angeschlossen; der Zeiger stehe auf dem Teilstrich 450. Die gemessene Leistung ist:
450 * 100 / 5 * 6000 / 100 = 540 000 W = 540 kW.
Bei der Auslegung der Skala von Leistungsmessern ist der voraussichtliche cos φ zu berücksichtigen, damit die Anzeige möglichst im oberen Teil der Skala erfolgt.
Beispiel: Spannung 10 000/100 V, Strom 500/5 A, cos φ = 0,78. Die Leistung beträgt bei Drehstrom 10 000 • 500 • 0,78 • √3 = 6630 kW; die Skala erhält eine Teilung 0...7000 kW. Bei cos φ = 1 würde eine Teilung 0...9000 gewählt werden.
Für Messungen bei sehr kleinem Leistungsfaktor, z. B. cos φ = 0,1, sind besondere Leistungsmesser entwickelt worden, bei denen die Stromspule um das Zehnfache und die Spannungsspule um das Doppelte dauernd überlastbar sind.

Bei genauen Messungen sowie bei Messungen von kleinen Leistungen ist der Eigenverbrauch des Spannungs- bzw. Strompfades zu der gemessenen Leistung zu addieren bzw. von ihr zu subtrahieren, je nachdem die von der Stromquelle abgegebene oder die vom Verbraucher aufgenommene Leistung festgestellt werden soll.

Es sind die folgenden zwei Schaltungen zu unterscheiden:

a) Die Spannung wird vor dem Strompfad abgegriffen. Der Eigenverbrauch des Strompfades ist zu berücksichtigen (Bild 47).

b) Die Spannung wird hinter dem Strompfad abgegriffen; der Eigenverbrauch des Spannungspfades ist zu berücksichtigen (Bild 48).

Blindleistung

Die Blindleistung wird dargestellt durch U • I • sin φ bei Wechselstrom und √3 • U • I • sin φ bei Drehstrom.

Die Messung der Blindleistung unterscheidet sich von der Wirkleistungsmessung grundsätzlich dadurch, daß der Strom im Spannungspfad gegenüber der Wirkleistungsmessung um 90° phasenverschoben ist. Bei Blindleistungsmessern für Wechselstrom erfolgt die Phasenverschiebung künstlich, z. B. durch einen im Meßgerät eingebauten Kondensator; bei Blindleistungsmessung von Drehstrom werden Wirkleistungsmesser verwendet, die an um 90° verschobene Spannungen angeschlossen werden.

1. Gleichbelasteter Drehstrom mit oder ohne zugänglichen Nullpunkt (Bild 49). Bei der Auswertung der Ablesung ist zu berücksichtigen, daß die Spannungsspule an der verketteten Spannung (= Sternspannung • 1/ 3) liegt.

2. Ungleichbelasteter Drehstrom ohne Nulleiter (Bild 50). Die Messung ist bei dieser Schaltung nur dann richtig, wenn die drei Spannungen des Drehstromnetzes gleich sind. Im allgemeinen genügt die erreichbare Genauigkeit für Betriebsmessungen.

Bei genauen Messungen werden zwei Wechselstrom- Blindleistungsmesser in Schaltung ähnlich Bild 41 verwendet. Die Auswertung der Messung erfolgt unter 6.

3. Ungleichbelasteter Drehstrom mit Nulleiter (Bild 51). Die Anzeige der drei Leistungsmesser ist zu addieren und die Summe durch √3 zu dividieren, da die Spannungsspulen an der verketteten Spannung (= Sternspannung . √3) liegen. Die Messung ist nur dann richtig, wenn die drei Spannungen gleich sind. Im allgemeinen genügt die erreichbare Genauigkeit für Betriebsmessungen.

Bei genauen Messungen werden drei Wechselstrom-Blindleistungsmesser verwendet und die drei gemessenen Blindleistungen addiert.

Erweiterung des Meßbereiches: Ausnahme: Bei Wechselstrom- Blindleistungsmessern kann der Spannungsbereich nur mit Spannungswandlern (nicht mit Vor wider ständen) erweitert werden.

Leistungsmeßkoffer

Eine wesentliche Vereinfachung der Leistungsmessung in Wechsel- und Drehstromnetzen bringen die sog. ,,Leistungsmeßkoffer“, bei denen die Geräte für Leistungs-, Strom- und Spannungsmessung zusammen mit den erforderlichen Wandlern, Vor wider ständen und Umschaltern in einem handlichen Tragkoffer zusammengebaut sind. Der Meßkoffer wird in den Zug der Leitungen gelegt, es brauchen also lediglich die ankommenden und abgehenden Leitungen

angeschlossen zu werden, wobei die Phasenfolge beliebig ist. Fehlanschlüsse sind also praktisch ausgeschlossen. Die Strom- und Spannungs-Meßbereiche werden durch Umschalter gewählt. Die Auswertung der Messung ist ebenfalls einfach, da die Ablesung lediglich mit einem aus einer Tabelle entnommenen Faktor multipliziert werden braucht.